Seit 1. August 2022 gilt die "Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-VO)“ in Österreich. Diese Verordnung ist eine Antwort auf den dynamischen Immobilienpreisboom und das Marktzinsniveau und basiert auf Empfehlungen des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG). Mit der KIM-VO wird ein neuer Schwerpunkt gesetzt: Die Rückzahlungsfähigkeit der Kreditnehmer rückt in den Vordergrund, während die hypothekarische Besicherung des Kredits in den Hintergrund tritt. Die finanzielle Balance zwischen Einkommen und Wohnkosten ist der Schlüssel zur erschwinglichen Immobilienfinanzierung. Die KIM-VO zielt darauf ab, Kreditvergabestandards zu definieren, die die finanzielle Stabilität der Kreditnehmer und die Marktintegrität unterstützen.
STÜBLER - Der Vermögenspartner klärt auf.
In diesem Beitrag wird eine detaillierte Analyse vorgenommen, die das Zusammenspiel zwischen Einkommensverhältnissen, Immobilienpreisen und Kreditvergabekonditionen beleuchtet. Dabei wird insbesondere die Auswirkung der KIM-VO auf die Finanzierungslandschaft in Österreich untersucht, um ein klareres Verständnis darüber zu erhalten, wie diese Verordnung die Finanzierbarkeit von Wohnimmobilien beeinflusst und welche Strategien in der aktuellen Marktlandschaft umsetzbar sind.
#1: Statistische Daten
Einkommen pro Person:
Laut Statistik Austria (Stand 20.12.2022) liegt das Bruttojahreseinkommen der unselbständig Erwerbstätigen im Median bei 31.407 €. Das entspricht einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.617 € inkl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Nach Abzug von Steuer und Sozialversicherung ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen von 1.973 €.
Diese Einkommensstatistik basiert auf aktuell rund 4,5 Millionen unselbstständige Erwerbstätige.
Der Median stellt das arithmetische Mittel zu einem Erwartungswert dar und bedeutet das 50% unter bzw. über diesem Wert liegen. In unserem Fall bedeutet es, dass 50% der unselbstständigen Erwerbstätigen weniger bzw. mehr als 1.973 € Netto monatlich verdienen.
Wohnfläche pro Person:
Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person beträgt 46,6 Quadratmeter. Österreich ist ein Land der Mieter, mit einer Mietquote in Hauptwohnsitzwohnungen von 43,2 % und einer Eigentumsquote von 48,2 %. Die restlichen 8,6 % fallen auf mietfreie bzw. unentgeltliche Wohnverhältnisse oder Dienst- und Naturalwohnungen.
Österreich liegt mit der Wohneigentumsquote deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von etwa 70 Prozent.
Immobilienpreise in Österreich:
Nach Auswertung der Daten auf immopreis.at powered bei DerStandard (Stand, 10.2023) ergibt sich ein ermittelter durchschnittlicher Quadratmeterpreis von 5.354€ für Wohnungen und 4.566€ für Häuser. Die durchschnittliche Miete in Österreich inkl. Betriebskosten liegt bei 16,83 € Brutto monatlich.
#2: Leistbarkeit von Finanzierungen
Kim-VO im Detail:
Die Verordnung sieht folgende Werte vor,
maximale Beleihungsquote von 90%. Die Beleihungsquote wird anhand des sogenannten Marktwertes bemessen, welchen bei Kaufobjekten im Regelfall der Kaufpreis darstellt.
weiters darf die Finanzierung eine maximale Schuldendienstquote von 40% entsprechen, daher 40% vom Jahreseinkommen inkl. Transaktionsleistungen, auf 12 Monats Basis.
maximale Laufzeit von 35 Jahre.
Insgesamt dürfen bei einem Kreditinstitut maximal 20% aller Kredite eine der Obergrenzen überschreiten. Es werden somit Kontingente zugesprochen.
Laut aktuellem Bericht des FMSG sind 50% der Kontingente noch nicht aufgebraucht.
#3: Entwicklung des Marktniveaus
Die momentane Zinslandschaft zeichnet sich durch eine inverse Zinsstruktur aus, bei der langfristige Zinssätze günstiger sind als kurzfristige. Aktuelle Berichterstattungen deuten auf eine aufwärts gerichtete Tendenz des Marktzinses hin, wobei der Markt gespaltene Meinungen hegt. Einige Prognosen erwarten bis Mitte 2024 eine Zinssenkung, während andere eine Stagnation oder leichte Erhöhung antizipieren. Die weitere Zinsentwicklung wird maßgeblich vom Immobilienmarkt und den Inflationsdaten beeinflusst. Eine Entscheidung der EZB wird datenbasierend erfolgen und ist abzuwarten.
Eines ist jedoch Gewiss, die Zinsstruktur muss sich wieder in ein Normalniveau bewegen, wobei langfristige Zinssätze, unabhängig vom allgemeinen Marktniveau, höher angesiedelt sein müssen als kurzfristige. Diese Tendenz zeichnet sich bereits ab. Der 10-Jahres-Swap hat sich im Zeitraum von April bis Oktober 2023 um etwa 21% auf 3,4% erhöht, parallel dazu kletterte der 20-Jahres-Swap um 23% ebenso auf rund 3,4%. Aktuell ergibt sich daraus ein fixer Sollzins, der je nach Kreditinstitut und Aufschlag im Bereich zwischen 3,75% und 4,75% liegt (Stand,10.2023).
Variable Verzinsung für hypothekarisch besicherte Kredite liegt derzeit zwischen 4,625% und etwa 5,5% (Stand,10.2023, 3M-Euribor 3,983% zzgl. Aufschlag).
#4: Analyse der Leistbarkeit
Für eine detaillierte Analyse bedienen wir uns einem statistischen Beispiel basierend auf unseren Werten aus #1. Eine Person mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von rund 2.000€, möchte eine Wohnung mit einer Wohnnutzfläche von 46m² und einem durchschnittlichen Wohnungskaufpreis von 5.354 € / m² kaufen.
Der Kaufpreis beträgt somit 246.284€. Hinzu kommen Kaufnebenkosten von 10% (einschließlich Maklerprovision), was zusätzliche 24.628€ bedeutet. Die Gesamtprojektkosten wachsen somit auf 270.912 € an.
Unter der Annahme, dass der Kaufpreis dem Immobilienwert entspricht, könnte eine maximale Beleihung von 221.685€ inkl. Finanzierungsnebenkosten in Betracht gezogen werden. Diese Nebenkosten können bis zu 5% betragen, sodass der Kreditnehmer letztlich etwa 211.000€ von der finanzierenden Bank ausbezahlt bekommt. Die Differenz zwischen den Projektkosten und dem Auszahlungsbetrag muss durch Eigenkapital oder andere Sicherheiten gedeckt werden.
Die Kalkulation der Leistbarkeit wird tendenziell auf Basis eines Fixzinssatzes vorgenommen, um bessere Leistbarkeit und Sicherheit zu gewährleisten. Bei einem angenommenen Durchrechnungszinssatz von 4,5% ergibt sich bei einer maximalen Laufzeit von 35 Jahren eine monatliche Rate von rund 1.050 €. Gemäß der KIM-VO wäre jedoch nur eine maximale monatliche Rate von etwa 800€ zulässig.
Um diesen Kauf zu ermöglichen, müsste das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen bei 2.625€ liegen, oder die Schuldendienstquote auf 53% angesetzt werden.
Laut Statistik Austria ergibt die Auswertung der Einkommensverteilung, das etwa 25% der Erwerbstätigen in einem Einkommensspektrum zwischen 40.000 und 200.000 € Bruttojahreseinkommen liegen. Der gewichtete Durchschnitt ergibt hierbei einen Wert von 60.000€ Brutto pro Jahr. Daraus ergibt sich ein monatlicher Nettobetrag von rund 3.300€, inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
#5: Möglichkeiten und Lösungsansätze
Kreditvergleich
Es lohnt sich, die Angebote verschiedener Banken zu vergleichen, da einige Institutionen möglicherweise noch Kontingente zur Verfügung haben. Eine alternative Überlegung könnte sein, Finanzierungsmöglichkeiten in Nachbarländern wie Deutschland zu erkunden, wo die Bestimmungen der KIM-VO nicht in gleicher Weise umgesetzt werden und somit die Finanzierbarkeit potenziell erhöht ist.
Einbeziehung eines Bürgen oder Mitkreditnehmers
Die Finanzierbarkeit kann durch die Hinzuziehung eines Bürgen oder Mitkreditnehmers verbessert werden. Diese zusätzliche Sicherheit kann die Chancen auf eine Kreditgenehmigung erhöhen und möglicherweise bessere Konditionen ermöglichen.
Wahl der Fixfinanzierung
Eine Fixfinanzierung anstelle einer variablen Verzinsung kann dabei helfen, den zukünftigen Kostendruck zu reduzieren. Die inverse Zinskurve aktuell noch nutzen. Dabei gilt die Weisheit: „Es ist leichter von fix auf variabel zu wechseln als von variabel auf fix.“
Maximierung der Laufzeiten und Nutzung freien Kapitals für Sondertilgungen
Durch die Maximierung der Laufzeiten kann die monatliche Belastung reduziert werden. Freies Kapital kann für Sondertilgungen genutzt werden, um die Gesamtlaufzeit und somit die Zinskosten zu verringern. Der Vorteil liegt in der Freiwilligkeit und möglichen Gegebenheiten in der Haushaltsrechnung.
Fazit
Die Einführung der KIM-VO hat die Finanzierbarkeit merklich erschwert. Statistische Auswertungen orientieren sich an Medianwerten, wobei in der Praxis sowohl der durchschnittliche Kaufpreis nach Region als auch das Einkommen variieren. Die KIM-VO kann diese Werte jedoch nicht dynamisch einfließen lassen. Dieser Blog verdeutlicht eindrücklich, dass für einen bedeutenden Teil der Erwerbstätigen das Aufnehmen einer hypothekarischen Finanzierung aus eigener Kraft nun schwieriger geworden ist. Ein einfacher Bankbesuch genügt häufig nicht mehr. Ein unabhängiger Vergleich hingegen bietet nicht nur potenzielle Zinsvorteile, sondern vor allem in der aktuellen Lage einen umfassenden Marktüberblick mit diversen Optionen. STÜBLER - Der Vermögenspartner steht Ihnen dabei tatkräftig zur Seite!
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